Donnerstag, 20. September 2012

Kaffee-Peeling

Ob es eine Übersicht der Medikamente mit der Nebenwirkung Schilddrüsenunterfunktion gibt? Ich habe Lust, die Rote Liste umzukippen und den Inhalt nach Nebenwirkungen zu sortieren, grad für die Geriatrie. Ob das dem Heilmittelwerbegesetz widerspricht? Es ist eines der verbraucherfeindlichsten Gesetze, das ich kenne. Mutter nimmt seit kurzem acht Medikamente und hat seitdem Schilddrüsenunterfunktion.

Aber totalitär wie das deutsche Gesundheitswesen organisiert ist, gibt es mittlerweile zwar vereinzelte Selbsthilfegruppen aber keinerlei Medikamenten-Nebenwirkungskataloge, die das Waschzettelwissen a la Rote Liste zusammenfassen.

Nur wenn ich das jetzt zu schreiben beginnen würde, wäre meine BU-Rente der Ärzteversorgung weg. Also bleibe ich bei aller Nächstenliebe lieber beim Lifestyle-Journalismus. Wo beginnt Solidarität? Bestimmt nicht beim Beziehen von Hartz IV zum Retten der Allgemeinheit. Dann hätte ich wahrscheinlich doch eine inkurable Psychose. Wer so bescheuert ist, lebt hier im falschen System. Mit wem verdammt soll ich mich solidarisieren wenn nicht mit dem, der mich tatsächlich auch unterstützt? Ich war lange genug arbeitslos. Sämtliche Versager dieses Landes als Lobby, gestalkt durch einen Alkoholiker.

Verdammt, so ein Nebenwirkungskatalog wäre schon gut. Bloß wer finanziert das Teil? Die Stiftung Warentest?

Hab mich vor lauter Schreck gleich im Blog abgemeldet.

Ein Online-Katalog mit Zugangsbeschränkung wie die Rote Liste ist schon ein Hammer. Aber ein Staat der sich Krankenversicherungsbeiträge als alleinseligmachendes Instrument geschaffen hat, hat es nicht anders verdient. Ein Gesundheitsmarkt wäre schon toll, statt dieses Herrschaftswissen abzuschotten.

"Ja, ich finde es auch toll", blubbert Matuschke auch grad. Keine Ahnung, was er meint. Er wird schon wissen, was er will.

Ein Hauch Sozialismus-Nostalgie mitten in Europa - die deutsche Krankenversicherung. Obama droht sie den Amis inzwischen auch an. Bin gespannt, ob er damit Stimmen fängt. Dann haben die dort bestimmt noch mehr Psychiatriekosten als bisher.

Petra hat angerufen. Sie will raus und will nicht raus. Ihre Mutter habe ihr gesagt, sobald die Zwangspsychiatrie wegfalle, bleibe nur der Maßregelvollzug. Die Beiden lieben sich auf eine anstrengende Weise. Die Mutter habe ihr schon mit vier Jahren gesagt, dass sie ins Heim müsse. Hab Petra trösten wollen, indem ich sie darauf hinwies, dass sie sie immerhin nicht hat sterilisieren lassen, wie es Zehntausende andere getan haben. Aber der Trost war wahrscheinlich auch nur schwach. Der sicherste Schutz vor diesen Sterilisationen wäre gewesen, wenn die Eltern kostenbeteiligt worden wären. Aber das deutsche Versicherungssystem federt das ja alles ab. Und irgendeine Ethikkommission segnet das bestimmt auch in den kommenden Jahrzehnten ab, egal wie laut die Betroffenen ihre Schadensersatzansprüche geltend zu machen versuchen. Das Grundgesetz ist in dem Fall wahrscheinlich genausowenig Orientierung wie der Katzenjammer nach vollbrachter Kastration. Ich komme schon wieder vom Hundertsten ins Tausendste. Nur wegen der bescheuerten Zugangsbeschränkung für die Rote Liste. Groke fehlt mir. Den jetzt hören zu können wäre schön.

Vielleicht wäre der TÜV ein Ansprechpartner für die Schwarze Liste als Pendant zur Roten Liste. Aber so hoch kann die Vergütung gar nicht sein, wie ich sie bräuchte, um ohne BU-Rente auszukommen.

Anja will jetzt auch einen Wellness-Teil in die Disy reinnehmen. Hab auf mein dann fälliges Gehalt hingewiesen. Das genügte.

Es ist schon zum Kotzen. Ich wäre schon gern lauter. Das Leben ist kurz. Verdammt, was ist wirklich wichtig? Ich werde erst mal abwarten, was Mutters Hausarzt sagt, außer dass die Unterfunktion leicht zu korrigieren ist. Alles wird gut.

Positiv zu denken tut gut. An einem Nebenwirkungskatalog zu schreiben macht krank und miesepetrig. Lifestyle-Journalismus ist schon das Beste für mich. Vielleicht findet sich ja jemand im BMG mit schreiberischen Ambitionen, der übervatermäßig die Pharmalandschaft wichten will.

Was macht jemand, der zu faul zum Schreiben ist? Er mailt.



From: christine
Sent: Thursday, September 20, 2012 9:42 PM
To: patientenbeauftragter@bmg.bund.de
Cc: Nina Hagen
Subject: Patientenrechtegesetz

Lieber Herr Zöller,

ermutigt durch Ihre Posteingangsbestätigung hier nun eine erneute Mail zum Patientenrechtegesetz zur Passage “Aufklärungspflicht”:

Gegenwärtig ist mit Hinweis auf das Heilmittelwerbegesetz der Zugang zur leicht gen Nebenwirkungskatalog zu kippenden Roten Liste beschränkt. Außerhalb des Gesundheitsmarktes wäre das eine undenkbare Bevormundung des Kunden. Wie hält es das BMG künftig im Zusammenhang mit der Zwangsmedikation Psychiatriebetroffener mit dem Zugang dieser Patientengruppe zur Roten Liste, zumal der Therapeut hier durch den Gesetzgeber nicht zwingend zur Aufklärung verpflichtet ist?

Herzlich
Christine Salzer

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen