Sonntag, 19. August 2012

Mcnep unterscheidet zwischen verwandtschaftlichen, freundschaftlichen und erotischen Verhältnissen, ich eher zwischen Gesehenem, Gehörtem und Gefühltem.

Ich höre gerade die wahrscheinlich letzte Radiosendung von Steffi Haiber. Ich hatte eigentlich mit Evi Seibert gerechnet. Aber die ist wahrscheinlich grad mit ihrer Familie im Urlaub.

Ich kann mir nicht vorstellen, in den Urlaub zu fahren. Wer würde dann meine Pflanzen gießen? Denen würde ich wahrscheinlich zuerst fehlen, noch lange bevor irgendjemand anders überhaupt bemerkt, dass ich nicht mehr da bin. Und bevor im Fenster gegenüber sichtbar wird, dass sie welken, müssen schon Monate vergehen.

Aber es ist so schwer konstruktive Kontakte aufzubauen. So viel zu meiner Nähe-Distanz-Regulations-Schwäche nach zehn Jahren Kaspar-Hauser-Dasein a la Schrödingers Katze inzwischen mit einer gewaltigen Packung Tavor in den eigenen vier Wänden. OK, es war eher ein Online-Dasein bei WerWeissWas und im Blaster. Immer mitten in irgendwelchen Wortfolgen und Assoziationen, Erinnerungen und Analysen verblüffender Gleichzeitigkeiten. Ist etwas schon nah, nur weil es gleichzeitig ist? Wann ist ein Ereignis tatsächlich nah? Wann betrifft es genau mich? Tim und Nina fehlen mir beim Blättern in meinen Mails, in der Hoffnung ein Lebenszeichen von ihnen vorzufinden. Nina nabelt sich grad ab. Kann man als Mutter tatsächlich Kaspar-Hauser-Ähnliches erleben, nur weil man plötzlich nicht mehr momentaner Dreh- und Angelpunkt im Leben Dritter ist? Laborarzt zu sein wäre schon gut, wenn ich denn irgendwann so weit bin, dass ich CT-Anforderungen und Work-Ups entspannt bearbeite. Ein Ziel, das Anja lediglich mit einem eher gepfiffenen "Hui" quittiert.

Nächste Woche interviewe ich Gerold Held, falls er damit einverstanden ist, dass ich Anja vertrete. Er ist grad Vater geworden. Aber darum wird es in dem Gespräch nicht gehen. Ich muss es in zwei Formate pressen: Eine Passage für die Powermännerserie, in der es Anja um Macht und Erfolg geht, und in eine für eine Umfrage zum Luxustourismus in Dresden.

Am liebsten würde ich ihm sämtliche bisherigen Antworten mailen, damit er sich vorbereiten kann. Aber so wichtig wird ihm das Gespräch nicht sein. Ich überhöhe meinen Job schon wieder.

Gerhard Schwab sprach seinen Namen mit so einer rückhaltlosen Begeisterung aus, dass ich schon gespannt bin, ob sich irgendetwas seit unserem letzten Gespräch verändert hat, nach dem sich Dagmar mit ihren High Heels in den Postplatz-Schienen verhakt hat, stürzte und Ewigkeiten lang die herannahende Bahn anstarrte, als ob sich grad ihr Lebenskreis schließen sollte.

Sie hatte sich in dem Moment ihre Hand gebrochen. Kurz vorher hatte sie zugegeben, dass sie noch nie auf einem Motorrad gesessen hatte und Held nur etwas vorgeflunkert habe, als der von seiner BMW schwärmte, an der weniger zu basteln sei als an der Harley, die er vorher hatte. Dagmar sagte dann nur noch, dass das räumliche Sehen für sie nicht einfach sei. Und für mich war es schwer rechtzeitig einzugreifen, so langsam sie auch fiel. Ich war extrem weit weg in dem Moment. Dagmar war scheinbar gar nicht sauer darüber, dass ich schon wieder sekundenlang an Groke dachte, statt sie zu halten. Aber danach war sie wochenlang krank.

Nun der zweite Anlauf. Ich wäre schon froh gewesen, wenn Anja mit Gerold Held gesprochen hätte. Aber dazu hätte ich den Interviewtermin nicht nur mailen und in den Kalender schreiben dürfen. Ich hätte mich dazu direkt vor sie stellen müssen, ihr tief in die Augen schauen müssen und fragen sollen, ob ihr der Termin passt. Dumm gelaufen.

Räumliches Sehen und Nähe-Distanz-Regulation ... Wann ist es angemessen einzugreifen? Wann geht es tatsächlich um mich? Und wenn es tatsächlich um mich geht, geht es dann nicht eher um die Blumentöpfe, die zufällig ausgerechnet ich gekauft hatte?

Ein Job, in dem ich dem Hier und Jetzt weniger verpflichtet bin als im OP-Saal oder als Notarzt ist schon gut. Ein bisschen Trance allzeit und ein Diktiergerät, das an den Augenblick erinnert.

Ob letztens der Corio-Chef bei mir in der Spende angerufen hatte, um seinen Chip für den Nachtlauf zu bekommen, nachdem er sich per Mail registriert hatte, weiß ich immer noch nicht. Karin, der ich den Hörer gab, interessiert es herzlich wenig, da es auch nichts nütze. Schwierig ist das alles. Eine interessante Story, die der Spende nützt, muss für Karin wahrscheinlich schon wieder so straight sein, dass sie langweilig wird.

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